Was wäre aus der Weihnachtsgeschichte geworden, wenn es zur Zeit von Jesu Geburt schon Marketing gegeben hätte?  [21.12.16]

Jeder kennt die Weihnachtsgeschichte. Jeder weiß, dass das Christkind in Bethlehem in einem Stall zur Welt kommen musste. Denn Maria und Joseph hatten in den Herbergen Bethlehems keinen Platz gefunden. Vielleicht haben Sie sich aber auch schon einmal gefragt, wie so etwas passieren konnte. Da suchten Menschen (also „Kunden“) einen Platz in einer Herberge und alle Herbergen (also „Anbieter“) sind voll. Musste das wirklich sein? Hätte man das nicht, z. B. mit Marketing verhindern können?

Lukas-Evangelium: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.“

Was für eine gewaltige Chance, die der Kaiser Augustus in Rom dem Hotel- und Gaststättengewerbe in Bethlehem durch sein Dekret bescherte! Bethlehem war damals ein kleines Nest in der Nähe von Jerusalem. Das Städtchen hatte schon bessere Zeiten gesehen, z. B. in der Zeit als König David gelebt hatte. Denn dieser große König war ein Sohn Bethlehems gewesen. Nun aber sah das Dekret des Kaisers in Rom vor, dass alle Menschen in ihre Geburtsstadt zu gehen hatten, um sich registrieren zu lassen. Daher war mit vielen Gästen in Bethlehem zu rechnen, nämlich allen, die aus dieser früher bedeutenden Stadt abstammten.

Dem örtlichen Hotel- und Gaststättengewerbe war sofort klar, dass die bescheidenden Kapazitäten ihrer Herbergen kaum ausreichen dürften, den Ansturm der auswärtigen Gäste aufzufangen. Eine sofort von den Wirten durchgeführte dynamische Marktpotenzialanalyse hatte aber gezeigt, dass der Bedarf nicht dauerhaft sein würde, sondern nur kurzfristig und einmalig entstehen würde. Daher nahmen die örtlichen Herbergswirte davon Abstand, durch Neubau von zusätzlichen Herbergskomplexen, die Übernachtungskapazität in Bethlehem dauerhaft zu vergrößern. Stattdessen suchte man nach Möglichkeiten, die Übernachtungskapazität temporär, also für die paar Wochen, in denen „Dekret-Gäste“ zu erwarten waren, zu erhöhen. Nach einigem Hin und Her beschloss man folgende produktpolitische Maßnahmen: Es wurden bestehende Schlafräume in den Herbergen durch Zwischenwände so umgestaltet, dass deutlich mehr Gästen eine Schlafstatt angeboten werden konnte. Privatgemächer wurden – ähnlich dem Geschäftsmodell von Airbnb – übergangsweise für Gäste hergerichtet. Und zusätzlich wurden Schlafmöglichkeiten in Nebengebäuden, z.B. Stallungen eingerichtet. Diese waren zwar nicht sehr luxuriös; aber wenn man sie recht günstig anbieten würde, würden sich sicherlich auch hierfür Gäste finden. Insgesamt konnte durch diese Maßnahmen die Anzahl der möglichen Übernachtungsgäste auf mehr als das Doppelte der bisherigen Kapazität gesteigert werden, so dass nun keine Engpässe mehr bestanden. Im Gegenteil: Mancher Wirt war sich unsicher, ob er tatsächlich ausreichend Gäste finden würde, um seine Kapazität auszulasten.

Lukas-Evangelium: „Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum, dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger.“

Und wenn es damals schon Marketing gegeben hätte?:

Bereits kurz nachdem Joseph davon gehört hatte, dass er nach Bethlehem gehen müsse, um sich dort registrieren zu lassen, erreichten ihn Gutscheine verschiedener Herbergen aus Bethlehem. Deren Wirte hatten Marktforschung betrieben. Da es ja im Dekret von Kaiser Augustus hieß, dass jeder in die Stadt ziehen solle, aus der er stammte, hatten die Wirte eine Befragung unter den augenblicklichen Bewohnern Bethlehems durchgeführt. Sie hatten die Bewohner gefragt, wer aus ihrer Verwandtschaft in den letzten Jahren aus Bethlehem weggezogen sei und wo die Verwandten nun leben würden. An die so ermittelten Adressen hatten die findigen Wirte anschließend Rabattgutscheine gesandt. Die Wirte erhofften sich auf diese Weise, ihre stark ausgebauten Übernachtungskapazitäten mit Gästen füllen zu können.  

Lukas-Evagelium: „Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe: Denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“

Und wenn es damals schon Marketing gegeben hätte?:

Tatsächlich sah das Eintreffen von Maria und Joseph in Bethlehem ganz anders aus. Schon als sie die Stadtgrenze erreichten, wiesen ihnen große, mit Hand gemalte Werbeplakate den Weg zu den Herbergen im Ort. Auf dem einen Werbeplakat wurde die Sauberkeit der Unterkunft, auf dem anderen die ruhige Lage der Herberge gelobt. Maria und Joseph entschieden sich aber für eine der Herbergen, von denen sie im Vorfeld einen Rabattgutschein erhalten hatten. Denn die beiden hatten nur wenig Geld und sahen im Einsatz ihres Rabattgutscheins ein gutes Mittel, die Übernachtungskosten zu reduzieren.

In der Herberge war es nicht übermäßig voll. Da Maria schwanger war und die Zeit der Niederkunft gekommen war, erhielten Maria und Joseph ein abgetrenntes Zimmer, in dem sie ihren gerade geborenen Sohn sogar in einem kleinen Beistellbettchen schlafen lassen konnten. Denn der Wirt hatte schnell erkannt, dass die Geburt in seinem Haus eine einzigartige Chance für die Vermarktung seiner Herbergskapazität war. Für den Verzicht eines Aufpreises für das Beistellbettchen erbat er sich allein das Recht von Maria und Joseph, zukünftig mit einem gemalten Bild der heiligen Familie in seiner Kommunikation arbeiten zu dürfen. Dieses Recht räumten ihm Maria und Joseph gerne ein. 

Lukas-Evagelium: „Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Herden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und siehe, des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“ Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.“

Und wenn es damals schon Marketing gegeben hätte?:

Als der Engel des Herrn auf dem Felde zu den Hirten trat, stellte er fest, dass nur noch eine Notbesetzung die Bewachung der Schafe sicherstellte. Auf Nachfrage erfuhr er, dass die restlichen Hirten schon seit Tagen in Bethlehem seien. Dort habe der Ansturm an auswärtigen Gästen so viele Servicekräfte erforderlich gemacht, dass die Herbergswirte einen Großteil der Hirten abgeworben hätten. Viele Hirten arbeiteten nun in den Herbergen im Zimmerservice, als Küchengehilfen oder als Pagen. Sie hätten sich über die Chance sehr erfreut, da der Stundenlohn in Bethlehem deutlich oberhalb des Mindestlohns für Hirten liege.

Der Engel des Herrn berichtete daraufhin kurz, was in Bethlehem geschehen sei. Als die Notbesetzung der Hirten meinte, von der Geburt habe man schon durch das „Hirten Social Media“ erfahren – dieses funktionierte mittels Rauch- und Lichtzeichen zwischen den nächtlichen Hirtenfeuern –, verließ der Engel des Herrn mit seinen himmlischen Heerscharen enttäuscht das Feld.

Matthäus-Evangelium: „Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: ‚Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.’ Als König Herodes das hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem. Er ließ alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zusammenkommen und erkundigte sich bei ihnen, wo der Messias geboren werden solle. Sie antworteten ihm: "In Betlehem in Judäa; denn so steht es bei dem Propheten." Danach rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich und ließ sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war. Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte: "Geht und forscht sorgfältig nach, wo das Kind ist; und wenn ihr es gefunden habt, berichtet mir, damit auch ich hingehe und ihm huldige." Nach diesen Worten des Königs machten sie sich auf den Weg.“

Und wenn es damals schon Marketing gegeben hätte?:

Kaum hatten die Sterndeuter aus dem Osten den Palast des Herodes verlassen, wurde ihnen auf der Straße in Jerusalem ein Werbepergament in die Hand gedrückt. Hierauf wurde eine Herberge in Bethlehem angepriesen, die so familiär geführt würde, dass sogar Paare dorthin zur Entbindung ihrer Kinder kommen würden. Als die Sterndeuter die heilige Familie auf der Vorderseite des Dokuments sahen, leuchte der Stern über ihnen grell auf. Da wussten sie, dass sie das gesuchte Kind in der Herberge in Bethlehem finden würden.

Matthäus-Evangelium: „Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war, dort blieb er stehen. Als sie den Stern sahen, wurden sie von sehr großer Freude erfüllt. Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar. Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, erschien dem Joseph im Traum ein Engel des Herrn und sagte: ‚Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter, und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.’ Da stand Joseph in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten. Dort blieb er bis zum Tod des Herodes.“

Und wenn es damals schon Marketing gegeben hätte?:

Als die Sterndeuter kurz danach in der Herberge in Bethlehem ankamen, trafen sie die heilige Familie leider nicht mehr an. Ein Engel war Joseph des Nachts erschienen und hatte ihn gewarnt, dass auch Herodes inzwischen über die Werbepergamente des Herbergswirts von der Geburt Jesu in der Herberge in Bethlehem erfahren habe. Er habe bereits Soldaten nach Bethlehem geschickt, um das Jesus-Kind zu töten. Joseph war daher sofort nach Ägypten aufgebrochen. Die enttäuschten Sterndeuter warteten noch einige Tage in der Herberge auf die Rückkehr der heiligen Familie. Als sie merkten, dass diese so schnell nicht wiederkehren würde, ließen sie ihre Gaben mit der Bitte zurück, diese der heiligen Familie auszuhändigen, wenn sie doch noch einmal vorbeischauen würde, und reisten in ihre Heimat zurück.

Ganz abgesehen davon, dass wir alle froh sein können, dass die Weihnachtsgeschichte doch so abgelaufen ist, wie sie nun einmal gelaufen ist, zeigt sich, welche Kraft das Marketing besitzt. Nicht immer gelingt es Marketing dabei, gleich die ganze Weltgeschichte umzuschreiben, allerdings lässt sich durch Marketing sehr wohl in Unternehmen und Institutionen vieles bewegen. Auf die Aufgabe in 2017, dies noch weiter zu verbessern, Ihnen dies zu vermitteln oder Sie dabei zu unterstützen, freuen wir uns schon jetzt sehr!

Frohe Weihnachten 2016, einen guten Jahreswechsel und alles Gute für 2017!

Ihre

Prof. Dr. Markus Voeth                                 Prof. Dr. Uta Herbst

(Universität Hohenheim)                               (Universität Potsdam)


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