Auswirkung von digitalen Verhandlungssettings & New Work
Die Corona-Krise und die damit verbundenen Reise- und Kontaktverbote haben die Digitalisierung auch im Verhandlungsbereich enorm beschleunigt. Aktuelle Studien zeigen bereits, dass Verhandelnde auch zukünftig vermehrt auf digitale beziehungsweise hybride Verhandlungslösungen zurückgreifen werden.
Da sich digitale Meetings im Sinne der New Work Bewegung von „überall“ durchführen lassen, nutzen immer mehr Unternehmen die Möglichkeiten des Arbeitens im Home-Office. Die Umstellung auf (zeitweises) Work from Home, hat sich inzwischen zu einer grundsätzlichen Veränderung von Geschäftsabläufen und Arbeitsweisen hin zu New Work Methoden entwickelt. Die Etablierung dieser Prozesse in Unternehmen wirft jedoch zusätzliche Effektivitäts- und Effizienzfragen auf. So ist unklar, wie etablierte Prozesse und Abläufe innerhalb von New Work abgeändert oder auch beibehalten werden müssen beziehungsweise können. Unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie, Kommunikationstheorien sowie dem Verhandlungsmanagement untersucht unser Lehrstuhl welche Auswirkungen digitale Verhandlungssettings auf Ihre Verhandlungen haben. Kernfragen sind dabei, welche Wirkung die Nutzung der Kamerafunktion in virtuellen Meetings hat, in welchen Situationen ihr Einsatz sinnvoll und effektiv ist und wie sie Verhandlungen aus dem Home Office heraus gewinnbringend einsetzen können.
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- Joana Roth, M.Sc.
Claim Verhandlungen in Geschäftsbeziehungen
Der Klimawandel, die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Konflikt verdeutlichen: Wir leben in einem Jahrzehnt globaler Krisen. Diese globalen Krisen führen zu einer Veränderung der Rahmenbedingungen in langjährigen Geschäfts- und Wirtschaftsbeziehungen. Die Veränderungen beispielsweise der politischen, ökonomischen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zwingen Unternehmen dazu, bereits abgeschlossene Verträge nachzuverhandeln. Eine spezielle Form von Verhandlungen, die inzwischen in der Praxis eine immer größere Bedeutung einnehmen, stellen Claim Verhandlungen dar. Hier stellt eine Partei nach Abschluss einer Verhandlung Nachforderungen (sogenannte Claims). Claims resultieren zum Beispiel aus veränderten Markt- und/oder Wettbewerbsbedingungen wie etwa steigenden Preisen für Energie und/oder Ressourcen.
Aus praktischer Sicht lassen einerseits umfassende Verträge häufig keinen Spielraum für Nachverhandlungen, andererseits können Situationen bestehen, in denen Claims zugelassen werden müssen (beispielsweise aus strategischen Gründen zur Erhaltung der Geschäftsbeziehung). Im Rahmen des Forschungsvorhabens des Lehrstuhls werden aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht Claims untersucht, in deren Zusammenhang kein legaler Anspruch auf Durchsetzung der Nachforderung besteht. So werden Verhandlungssituationen betrachtet, in denen eine Partei eigentlich kein Interesse an einer Nachverhandlung hat. Im Zuge der Untersuchung wird zudem evaluiert, welche Veränderungen der Rahmenbedingungen als legitime Gründe für das Initiieren von Claim Verhandlungen gelten. Weiter sollen Implikationen über eine ergebnisoptimierte Claim Verhandlungsführung sowohl für die aktive Seite (= Initiator von Claims) als auch die passive Seite (= Rezipient von Claims) auf strategischer und taktischer Ebene abgeleitet werden.
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Digitale Unterstützungssysteme in Verhandlungen
"In einer gut vorbereiteten Verhandlung liegen bis ca. 90% des späteren Verhandlungserfolges" (Sorge, 2014).
Im B2B-Sektor sind Verhandlungen, in denen es nicht selten um Millionenbeträge geht, ein fester Bestandteil des Geschäftsalltags von Käufern und Verkäufern und damit entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Gleichzeitig werden Verhandlungen, insbesondere in wettbewerbsintensiven Märkten mit technologisch komplexen Produkten, immer schwieriger. Daher ist eine angemessene und umfassende Verhandlungsvorbereitung besonders wichtig. Leider ist in der Praxis zu beobachten, dass es oft an Wissen über eine gute Vorbereitung mangelt und standardisierte Unterstützungssysteme in Unternehmen nicht vorhanden sind. Daher wurde eine praxistaugliche und benutzerfreundliche digitale Software für die Verhandlungsvorbereitungsphase entwickelt, die auf einer Reihe wissenschaftlich erprobter Vorbereitungstools basiert. Experimentelle Versuche sollen zeigen, dass die Software es den Verhandlungsführern ermöglicht, sowohl die Effektivität als auch die Effizienz in Verhandlungen zu steigern.
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Einsatz ethischer Richtlinien in Verhandlungen
Um ihre Interessen bestmöglich durchzusetzen, verhalten sich Verhandlungspartner immer wieder unethisch. Ein solches unethisches Verhalten kann sich beispielsweise in der absichtlichen Fehlinterpretation von Informationen oder dem angedrohten Abbruch der Verhandlung äußern, wenn die andere Seite nicht einlenkt. Oftmals sind sich Verhandlungsführer aber nicht einmal bewusst, dass sie sich unethisch verhalten, weil Unsicherheiten darüber bestehen, welche Verhaltensweisen als ethisch oder unethisch gelten. Aus Unternehmenssicht ist es jedoch notwendig, den Verhandlungsführern diesbezüglich Orientierung zu geben, denn unethisches Verhalten in Verhandlungen führt zu Misstrauen, verminderter Kompromissbereitschaft, gescheiterten Verhandlungen und birgt das Risiko, Geschäftsbeziehungen langfristig zu schädigen und damit zu dauerhaften wirtschaftlichen Nachteilen zu führen.
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Einsatz von latenten Verhandlungsepisoden
Der Prozess der Einigung in Verhandlungen vollzieht sich nicht zwangsläufig in einem einzigen Verhandlungsschritt. Vielmehr ist es für Verhandlungen typisch, dass diese aus verschiedenen Verhandlungsepisoden bestehen. Die Verhandlungsparteien treffen sich beispielsweise mehrfach zu Verhandlungen, treiben den Verhandlungsprozess zwischen den Treffen durch Vorgespräche via Telefon oder Email-Verkehr weiter voran oder informieren die andere Verhandlungsseite durch die Übersendung zusätzlicher Unterlagen auf schriftlichem Wege. Verhandlungsepisoden stellen daher auch immer einen Kommunikationsprozess dar und können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein.
Ein Differenzierungskriterium von Verhandlungsepisoden stellt der Latenzgrad dar. Unterschieden wird dabei zwischen offenen und latenten Verhandlungen. Bei latenten Verhandlungsepisoden ist den Akteuren nicht bewusst, dass sie sich in einer Verhandlungssituation befinden und die Kommunikation läuft daher in der Regel informell ab. Verhandlungsepisoden bewusst latent ablaufen zu lassen, kann eine erfolgreiche Verhandlungstaktik sein. Indem dem Verhandlungspartner nicht kommuniziert wird, dass man sich bereits in einer Verhandlungssituation befindet, wird es häufig einfacher möglich, wichtige Vorfestlegungen abzusprechen oder sogar Zugeständnisse zu erhalten. Zudem soll durch den Einsatz von latenten („verdeckten“) Verhandlungsepisoden geschickt die eigene Verhandlungsposition gestärkt werden. Unser Lehrstuhl forscht daher an der Frage, wie Unternehmen latente Verhandlungsepisoden gestalten und einsetzen können, um das Verhandlungsergebnis zu optimieren. Gleichzeitig sollen Verhandlungsführer für die Beeinflussung der Gegenseite sensibilisiert und befähigt werden, diese taktisch für sich zu nutzen.
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Kreation von Verhandlungsgegenständen
Nicht selten kommt es vor, dass Verhandlungen zum Stillstand kommen oder in eine scheinbar nicht überwindbare Sackgasse (einen sogenannten „impasse”) geraten. Gleichzeitig belegen wissenschaftliche Erkenntnisse, dass mit der Anzahl der Verhandlungsgegenstände die Wahrscheinlichkeit eines zufriedenstellenden Ergebnisses für beide Verhandlungsseiten steigt. Eine Möglichkeit, stockende Verhandlungen wieder in Gang zu bringen, ist es also, neue Verhandlungsgegenstände einzubringen. Doch woher kommen diese neuen Verhandlungsgegenstände? In Zusammenarbeit mit Experten und Praktikern aus verschiedenen Branchen, beschäftigt sich die NAP mit dieser Fragestellung. Ziel ist es, Techniken zur Kreation neuer Verhandlungsgegenstände zu identifizieren und zudem z untersuchen, wie die neu kreierten Verhandlungsgegenstände strategisch am besten in die Verhandlung eingebracht werden können.
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Innovative Public Private Partnerships
„[…] Wenngleich die `Euphorie` der achtziger und neunziger Jahre abgeklungen ist, sorgen institutionelle Arrangements wie strategische Allianzen, Joint Ventures, fokale und regionale Netzwerke […], virtuelle Unternehmen usw. dafür, dass auf Kooperation fußende Geschäftsstrategien weiter an Bedeutung gewinnen. Kooperative Beziehungen sind damit von einer singulären Erscheinung zur Regel geworden“ (Zentes, Swoboda und Morschett 2005).
Durch den gesteigerten Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien bspw. im Kontext des Internet der Dinge gewinnen vor allem Städte als neue Kooperationspartner für Unternehmen an Bedeutung. Folgerichtig erfahren Public Private Partnerships (PPP), also Kooperationen zwischen privaten Unternehmen und öffentlichen Institutionen, eine gesteigerte Aufmerksamkeit. Bei Betrachtung von PPP in der Praxis, bspw. im Rahmen von Smart-City-Projekten, ist jedoch ein zunehmend innovativer Charakter von PPP zu erkennen. Folgerichtig muss das klassische Verständnis von PPP neu gedacht und erweitert werden. Die Untersuchung innovativer Public Private Partnerships als neuartige Kooperationsform und Business Development Strategie ist daher Ausgangspunkt des zugrundeliegenden und hoch aktuellen Forschungsgebiets. Dabei adressieren die Forschungsarbeiten, u.a. in Form der Durchführung von Experteninterviews und unter Anwendung der Hierarchisch Individualisierten Limit Conjoint-Analyse (HILCA), die vier Stoßrichtungen von Business Development Strategien (Voeth et al. 2014) nämlich, neue Geschäftsmodelle, neue Märkte, neue Produkte sowie neue Prozesse.
Publikationen
Voeth, M./Pöschl, I./Zimmermann, B., 2019, Städte und Kommunen als Katalysatoren für nachhaltige betriebliche Mobilität, Hohenheimer Arbeits- und Projektberichte zum Marketing & Business Development, 55 Seiten.
Pöschl, I./Zimmermann, B. (forthcoming), Highway or No Way?: Kooperative Ambidextrie als überlegene Gestaltungsform für Public Private Partnerships am Beispiel der Mobilitätswende, In: Proff H. (eds) Neue Dimensionen der Mobilität. Springer Gabler, Wiesbaden
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Hierachische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA)
Im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Forschungsprojektes wurde von Prof. Voeth eine neuartige Variante der Conjoint-Analyse, die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA), entwickelt, die zwei wesentliche Probleme der traditionellen Conjoint-Analyse aufgreift: zum einen erlaubt die HILCA die Aufnahme einer größeren Zahl von Merkmalen, zum anderen ist es mit ihrer Hilfe möglich, nicht nur Präferenzen, sondern tatsächliches Kaufverhalten abzubilden. Die HILCA-Software wurde seit 2005 in zahlreichen Dissertationsprojekten zur Messung von Präferenzen eingesetzt. Im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts wird derzeit eine für Smartphones und Tablets optimierte Version des HILCA-Tools entwickelt, um die Software auch für zukünftige Forschungsprojekte nutzbar zu machen.
Publikationen
We know exactly what you want: the development of a completely individualized conjoint analysis, Voeth, M./Herbst, U./Liess, F. In: International Journal of Market Research, Vol. 5, No. 3, pp. 437-458, 2013.
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