Marktforschung
Im Bereich Marktforschung beschäftigen wir uns in unserer Forschung mit modernen multivariaten Analysemethoden. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf der Methode der Conjoint-Analyse, eine im Marketing etablierte Methode zur Messung von Kundenpräferenzen und Zahlungs-/Preisbereitschaften.
Incentivierung von Probanden in der Conjoint-Analyse
„Quid pro quo“ – (keine Leistung ohne Gegenleistung) ist ein Beispiel für ein lateinisches Sprichwort, welches sich leicht aus dem Alltag auf die Marktforschung übertragen lässt und somit die Bedeutung der Entwicklung kompatibler Anreizsysteme zur Incentivierung von Probanden in Marktforschungsstudien bestätigt. Das Potenzial des gezielten Einsatzes solcher Anreizsysteme in der Marktforschung wurde in den vergangenen Jahren vor allem im Anwendungsfeld der Conjoint-Analyse besonders intensiv untersucht und bestätigt.
Wohingegen die Conjoint-Analyse in der Marktforschung schon seit über 40 Jahren eine bedeutende Rolle einnimmt, ist die Auseinandersetzung mit der Incentivierung von Probanden bzw. Entwicklung anreizkompatibler Mechanismen ein noch vergleichsweise junges Forschungsfeld. Das vordergründige Ziel einer Incentivierung von Probanden in Conjoint-Studien besteht in der (zusätzlichen) Motivierung dieser, sodass sie auch tatsächlich wahre Präferenzen offenlegen und sich nicht willkürlich durch den Fragebogen „durchklicken“. Ohne das systematische Setzen von Anreizen, d. h. die Verknüpfung der Probandenentscheidungen mit realen Konsequenzen ihrer Angaben bei der Conjoint-Befragung, haben diese nicht selten nur geringe bis keine Ambitionen, die kognitive Anstrengung zur Offenbarung ihrer wahren Präferenzen zu unternehmen. Hierdurch kann es zu erheblichen Verzerrungen bei der Nutzenschätzung kommen. Unter dieser als Hypothetical Bias bezeichneten Verzerrung leidet insbesondere die Validität der Ergebnisse durchgeführter Studien. Die bisher vorliegende empirische Forschung zeigt eindeutig, dass sich die Einbindung von Anreizmechanismen und somit die Durchführung einer sogenannten „Incentive Aligned Conjoint Analysis“ aus Validitätsgesichtspunkten lohnt. Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen dieses Forschungsprojekts weiter untersucht werden, wie Probanden konkret auf verschiedenartig ausgestaltete Anreizsysteme reagieren und (i) ob bzw. (ii) wie sich damit die Ergebnisgüte von Conjoint-Studien verbessern lässt.
Ansprechpartner zum Projekt:
- Prof. Dr. Markus Voeth
- Philip Sipos, M. Sc.
Conjoint: Individualisierung von Merkmalsausprägungen innerhalb der Conjoint-Analyse
Die Untersuchung von Kaufentscheidungen stellt seit langem eine der größten Herausforderungen im Marketing dar. Um diese zu messen, steht mit der Conjoint-Analyse eines der am meisten eingesetzten und verbreitesten Verfahren zur Verfügung.
Trotz der vielen verschiedenen möglichen Einsatzfelder der Conjoint-Analyse, schafft sie es nicht – jedenfalls in ihrer traditionellen Form – von Konsument zu Konsument unterschiedliche Merkmale im Untersuchungsdesign zu berücksichtigen. Aus diesem Grund sind in der Vergangenheit bereits mehrere Verfahrenserweiterungen entwickelt worden – wie bspw. die Individualisierte Conjoint-Analyse (ICA) oder die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA) – die es erlauben, dass die Probanden aus einem ihnen vorlegten Set von Merkmalen, die für sie für die Kaufentscheidung relevanten Merkmale auszusuchen. Trotz dieser schon zum Teil weit fortgeschrittenen Individualisierung der Conjoint-Analyse, gibt es noch kein Verfahren, welches es erlaubt unterschiedliche, auf individuellem Niveau befindliche, Merkmalsausprägungen zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Individualisierung der Produkte und Dienstleistungen, scheint dieser Schrit jedocht unausweichlich. Vor allem wird jedem unmissverständlich klar, wenn man sich bspw. den Preis als Merkmal eines Produktes ansieht, dass die Ausprägungen dieses Merkmals bei jedem Konsumenten in unterschiedlicher Form ausgeprägt sein können.
Im Rahmen des Forschungsprojektes soll die Integration von Merkmalsausprägungen auf individuellem Niveau, in bestehende Verfahren der Conjoint-Analyse geschaffen werden. Im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von individuellen Merkmalsausprägungen soll zudem eine Validitätssteigerung der Conjoint-Analyse erreicht werden. Diese lässt sich dadurch begründen, dass man mit einer Ausprägungsindividualisierung, mit dem erweiterten Verfahren, näher an den realen Kaufprozess heranrückt und somit bessere Prognosen liefern kann.
Publikationen:
- We know exactly what you want: the development of a completely individualized conjoint analysis
Voeth, M./Herbst, U./Liess, F.
in: International Journal of Market Research, Vol. 5, No. 3, pp. 437-458, 2013. - Individulisierung von Merkmalsausprägungen innerhalb der Conjoint-Analyse
Liess, F., Hamburg 2012.
Ansprechpartner zum Projekt:
HILCA: Validitätssteigerung
Die Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA) ist eine moderne Conjoint-Methode zur Präferenz- und Nutzenanalyse. Dieses Verfahren, das vom Lehrstuhl entwickelt wurde und gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey sowie der GfK in ein für die Marktforschungspraxis einsetzbares Software-Tool überführt wurde, erlaubt die Präferenz- und Nutzenanalyse in Kaufentscheidungssituationen, bei denen für Kunden eine große Zahl von Merkmalen und Merkmalsausprägungen relevant sind.
Da die HILCA theoriegestützt entwickelt wurde – sie basiert auf den Erkenntnissen der Informationsverarbeitungstheorie – ist es nicht verwunderlich, dass diese Methode den ansonsten im Markt verbreiteten Conjoint-Methoden (z. B. Adaptive Conjoint-Analyse) im Hinblick auf die Validität deutlich überlegen ist. Allerdings zeigen erste Pilotstudien in verschiedenen Märkten, dass die Validität der HILCA wesentlich vom Involvement der Probanden abhängt. Da allerdings nicht immer mit einem hohen Involvement von Experiment-Teilnehmern auszugehen ist, soll im Rahmen des vorliegenden Forschungsprojektes untersucht werden, wie weit sich eine Validitätssteigerung bei der HILCA durch eine verbesserte Aktivierung der Probanden innerhalb des Conjoint-Interviews erreichen lässt. Hierzu sollen systematisch Ansatzpunkte zur Aktivierungssteigerung innerhalb von Conjoint-Interviews abgeleitet werden und im Rahmen von empirischen Untersuchungen im Hinblick auf die damit verbundenen Validitätssteigerungen untersucht werden.
Publikationen:
- Informationsaufnahme und -verarbeitungsprozesse innerhalb der Conjoint-Analyse
Bertels, V., Hamburg 2012. - Aussagefähigkeit und Aussagewilligkeit von Probanden bei der Conjoint-Analyse
Pelz, J., Wiesbaden 2012.
Ansprechpartner zum Projekt:
Projekt „Hierarchische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA)“
Im Rahmen eines im Jahr 2000 abgeschlossenen Forschungsprojektes wurde von Prof. Voeth eine neuartige Variante der Conjoint-Analyse, die Hierachische Individualisierte Limit Conjoint-Analyse (HILCA), entwickelt, die zwei wesentliche Probleme der traditionellen Conjoint-Analyse aufgreift: zum einen erlaubt die HILCA die Aufnahme einer größeren Zahl von Merkmalen; zum anderen ist es mit ihrer Hilfe möglich, nicht nur Präferenzen, sondern tatsächliches Kaufverhalten abzubilden.Obwohl die HILCA auf Basis des theoretischen Gerüstes der Informationsverarbeitungstheorie entwickelt worden ist, muss sich ihre Leistungsfähigkeit letztlich im Feld beweisen. Daher hat der Lehrstuhl für Marketing in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung McKinsey sowie dem Marktforschungsinstitut GfK die Validität der HILCA in einer groß angelegten Felduntersuchung untersucht. Für einen exemplarischen Anwendungsfall (Kauf von Investmentfond-Anteilen) wurde ein HILCA-Design und ein ACA-Design – die ACA ist eine andere in der Praxis stark verbreitete Conjoint-Variante – entwickelt. Die GfK hat anschließend im Sommer 2002 mehr als 400 HILCA- und mehr als 400 ACA-Interviews durchgeführt. Anhand dieses Datensatzes wurde geprüft, ob die HILCA zu „besseren“ Ergebnissen als das Vergleichsverfahren der ACA führt. Tatsächlich konnten mit der HILCA zum Teil wesentlich bessere Ergebnisse als mit der ACA erzielt werden. Da sich im Test jedoch auch zeigte, dass sich die HILCA durch Erweiterung noch zusätzlich verbessern lässt, wird zur Zeit eine verbesserte Variante der Grundversion der HILCA entwickelt, die seit Herbst 2004 vorliegt.
Ansprechpartner zum Projekt: